Mittwoch, 31. Dezember 2014

Der Zionismus - seine Theorien, Aussichten und Wirkungen (Teil 5)

IV. DIE WIRKUNGEN DES ZIONISMUS
b) Zionismus und Religion.
Man hat oft behauptet, daß die Religion durch den Zionismus eine Förderung erfahre, man hat die undankbaren Rabbiner nicht begreifen können, die so entschieden und mannhaft gegen ihn Stellung nahmen, man hat sogar die fünf „Protestrabbiner“ (von denen zur Zerstörung einer immer wieder auftauchenden Lüge ausdrücklich hervorgehoben sei, daß nur einer (Maybaum–Berlin. Von den anderen sind Werner-München und Gutmann ausdrücklich konservativ, Horowitz-Frankfurt a.M. und Auerbach-Halberstadt orthodox) liberal ist) als Verräter am Judentum brandmarken wollen, man hat kühnlich behauptet, daß ein Rabbiner, der den Zionismus bekämpft, den Ast absäge, auf dem er sitze, und die Jugend dem Judentum entfremde.
Und doch haben, und dafür ist das Judentum ihnen dankbar, die Rabbiner scharf und recht gesehen, als sie im Zionismus instinktiv eine Gefahr für die Religion erblickten, und es ist kein Zufall, wenn unter mehr als zweihundertfünfzig deutschen Rabbinern sich kaum ein halbes Dutzend Zionisten befindet, wenn ferner viele von den Nationaljuden in der heranwachsenden Rabbinergeneration der allergrößte Teil sich frühzeitig anderen Berufen zugewendet. Der Zwiespalt zwischen Nationalismus und Religion muß empfunden werden, und es ist kaum möglich, daß ein Religionsdiener einer Bewegung angehört, die ihn mit Schmutz bewirft und beschimpft. Was der Zionismus von Religion und Rabbinern hält, das zeigt nachstehende Kundgebung des offiziellen österreichischen Zionistenorgans, die wert ist, der Vergessenheit entrissen zu werden:
„Man darf sie (die Rabbiner) nicht beim Volke suchen, man findet sie nie am Krankenlager des Armen, aber immer an der Tafel des Reichen und hinter seinem Sarge. Sie besitzen sehr viel Gemüt , aber es arbeitet nur gegen Barzahlung. Das leise, rührende Beben der Stimme, wenn sie das Andenken des Verstorbenen preisen, die würdevolle Trauer am Grabe des Wucherers, der herzerquickende Trost, den sie lachenden Erben spenden, all das liefern sie prompt gegen fixen Preis. Auf besonderes Verlangen erglänzen sogar Tränen in ihren Augenwinkeln. Wenn Leiden das Volk bedrohen, in der Not des Tages tauchen sie nicht auf, weder als Berater, noch als Tröster, aber an höchsten und allerhöchsten Geburtstagen, bei Empfängen sind sie alleweil dabei, im Namen des Judentums, lassen den Himmel scheffelweise Segen regnen, im Namen des Judentums, und wiegen die Zunge und krümmen den Rücken und kriegen Orden, im Namen des Judentums. Der Alltag sieht sie nicht, aber an hohen Feiertagen ergötzen und amüsieren sie als Wortjongleure und Meister süßlicher Reden das bessersituierte Publikum im Tempel. Ein winziges Bibelverschen balancieren sie kunstvoll au der Spitze der Zunge, dann ziehen sie es lang und kneten es breit, tun moralische Tendenzen hinein, süß, runzelig wie Rosinen, gießen Worte darüber, linde wie laues Seifenwasser, und der Festtagskuchen ist fertig. Alles ist entzückt und erbaut und rennt nach Hause und läßt die Kinder taufen. Die Kultursteuerträger sind voll des Lebens unserer Großrabbiner, die in den mächtigen Hauptstädten den Verkehr mit den Himmel besorgen. Umgekehrt sind diese aber auch sorglich bemüht, den goldwolligen Schafen ihrer Herde das Leben bequem zu gestalten und alles Störende fernzuhalten. Der Zionismus ist für reiche Juden keine Annehmlichkeit. Flugs taten sich alle bedeutenden Rabbiner zusammen, erklärten ihn für sündigen Wahnwitz, tolles Auflehnen gegen die göttliche Ordnung, und warnten die Regierungen und Behörden vor diesen Landesverrätern, Unruhestiftern, vor diesen frechen Zionisten.“ (Nach dem Generalanzeiger für die gesamt. Interessen des Judentums, N° 34 v. 23.August 1908).
Es ist überflüssig, dieser schamlosen, gemeingefährlichen Hetze gegen die Vertreter der Religion auch nur ein Wort hinzuzufügen. Der Rabbiner, der sich dem Zionismus anschließt, weiß, wie er bewertet wird.
Es ist bereits auseinandergesetzt worden, daß Zionismus und Religion Gegensätze sind. Praktisch wird das nun dadurch gefährlich, daß auf diese Weise der Typus des religionslosen Juden entstand. Wer sich früher jüdisch betätigen wollte, müßte irgendeine Stellung zur Religion einnehmen. Heute ist das nicht nötig. Heute kann man als Nationaljude erklären, daß man gar nichts glaube, daß man die Religion nicht für einen wesentlichen Teil des Judentums halte, und man wird trotzdem als Jude anerkannt, wird trotzdem zu den höchsten Stellungen berufen, die das Judentum vergeben kann, und erhält Einfluß auf seine Geschicke. Der Zionismus sanktioniert unbewußt den Atheismus, dem ein großer Teil unserer Jugend verfallen ist, und er züchtet Gegnerschaft gegen den Glauben und die, welche ihm anhängen. In Österreich ist diese Erscheinung so stark aufgetreten, daß viele jüdische Elemente sich von diesen national-jüdischen Ausschreitungen angewidert fühlten und sich energisch von der Bewegung zurückzogen. Der Zionismus hat natürlich diese Meute, die ihm durch die Ehrlichkeit das Geschäft verdarb, zurückgepfiffen; aber das war nur Formsache, der Geist ist der alte geblieben, weil er der Natur des Nationalismus entspricht.
Da nun der Zionismus das Judentum als nicht mit dem Begriffe Religion unzertrennbar verknüpft ansieht macht er jede nachhaltige Bekämpfung der Taufe unwirksam. Er kann sie nur unter dem Schlagwort bekämpfen, sie bedeute unter den heutigen Verhältnisse eine feige Fahnenflucht. Wir anderen aber haben das weit wertvollere, weil positive und dauernde Argument, daß die Taufe ein Verleugnen und Verlassen der Religion der Zukunft und damit ein Verrat an ewigen Gütern ist. Dem Zionisten, der den Abfall bekämpft, kann der Täufling leicht sagen, daß er trotz seine Taufe im Herzen ein guter Jude, ein nationaler Jude bleibt. Mit uns aber ist das Band durch den Übertritt auf ewig zerrissen. Im Orient, in Österreich sind einzelne solcher Fälle zu verzeichnen und zu belegen; in Rußland aber sind sie sehr häufig. Dort hat sich ein immerhin nicht geringer Teil der jüdischen Jugend unter dem Druck taufen lassen und hat kein Empfinden für das Schmachvolle ihrer Handlungsweise und nennt sich noch stolz national-jüdisch! Das sind die Folgen des Zionismus, die jedem die Augen öffnen müssen. Wie lange wird es noch dauern, und dieser schamlose Unfug entsetzt uns auch in Deutschland! Auch uns werden die Waffen aus der Hand geschlagen sein, da jeder Täufling uns hohnlächelnd sagen wird, er sei zwar getauft, aber dennoch Jude, sogar ein besserer als wir, denn uns sei das Judentum nur Religion, nur abergläubischer Firlefanz, ihm aber sei es mehr, ihm, den echten Juden, sei es Nation!
Der Zionismus fördert auch die religiöse Heuchelei. Er ist ein Todfeind des Liberalismus, indem er instinktiv einen Gegner erkennt, der ihn durchschaut hat. Nun steht es fest, daß – mit Ausnahme der orthodoxen Misrachisten – jene Zionisten, die noch religiöse Interessen haben, durchaus auf liberalem Boden stehen und es ergibt sich daraus eine doppelte Heuchelei. Zunächst bekämpft der liberale Zionist aus taktischen Gründen, seinen eigenen religiösen Gesinnungsgenossen, und dann unterstützt er die Orthodoxie, die ihm wesensfremd ist und mit der ihn nichts eint wie der glühenden Haß gegen den Liberalismus. So entsteht das widerliche Schauspiel, daß der atheistische oder liberale Zionist sich zum Verfechter orthodoxer religiöser Forderungen macht, über die er im Herzen lacht, die ihm zum mindesten gleichgültig sind, daß er die Religion zum Kampfmittel macht, zum politischen Tauschobjekt herabwürdigt. Wenn auf diese Weise in das religiöse Leben die Politik mit ihren unangenehmen Nebenerscheinungen der Unehrlichkeit und Heuchelei getragen worden ist, so ist das eine der deutlichsten Wirkungen, die der Zionismus ausgeübt hat.
Teil 4

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